Fremdspracheninitiative schadet Berufsbildung

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andrea gmuer
Andrea Gmür: «Es ist richtig, dass zuerst unsere Landessprache Französisch unterrichtet wird, aber wir brauchen auch Englisch in der Volksschule»

Die Volksinitiative für nur noch eine Fremdsprache in der Primarschule ist ein Bumerang für Berufsbildung und Lehrbetriebe. Die Arbeitsgemeinschaft Wirtschaft und Gesellschaft (AWG) Kanton Luzern hat für die Volksabstimmung am 24. September die Nein-Parole beschlossen.

Die Luzerner Fremdspracheninitiative steht schräg in der bildungs- und wirtschaftspolitischen Landschaft. Würde sie angenommen, müsste sich die Primarschule mutmasslich auf Französisch beschränken und Englisch in die Oberstufe verbannen. «Wie der Bundesrat und die Erziehungsdirektoren-Konferenz finde ich es richtig, dass im Interesse des nationalen Zusammenhalts zuerst die landeseigenen Fremdsprachen gelernt werden», sagt AWG-Vorstandsmitglied Nationalrätin Andrea Gmür. «Unsere Jugend braucht aber in der Primarschule beides, Französisch und Englisch.»

rico fehr
«Nur eine Fremdsprache in der Volksschule benachteiligt die Luzerner Jugend und schwäche die Berufsbildung.»

Geprellte Luzerner Jugend und KMU

Aus der Sicht der Wirtschaft bezeichnet Rico Fehr, Sitzleiter Luzern der Unternehmensberatung Ernst & Young und AWG-Vorstandsmitglied, die Initiative als «Bumerang für Jugend und Berufsbildung». Warum? «Bei Annahme der Initiative wäre Luzern gezwungen, eine Fremdsprache vollständig in die Sek zu verlegen.» Das würde die viel kritisierte Sprachenlastigkeit der Sek zusätzlich verstärken. Aber auch umgekehrt geht die Rechnung für Fehr nicht auf: Ohne zusätzliche Sprachlektionen in der Sek hätten in einem gleichen Lehrbetrieb Luzerner Jugendliche schlechtere Englischkenntnisse als etwa Jugendliche aus Nidwalden oder Schwyz. Daraus folgert Fehr: «Nur eine Fremdsprache in der Volksschule benachteiligt die Luzerner Jugend und schwäche die Berufsbildung.»

Luzern darf nicht «gestrig» sein

Die AWG Luzern sagt aus Sicht der KMU und der Berufsbildung Nein zur Fremdspracheninitiative. Die Initiative widerspricht auch der AWG-Forderung nach einem effizienten Staat. Mit der Annahme der Initiative würde Luzern zu einer nationalen Spracheninsel und müsste aus eigenen Kräften - entgegen dem Lehrplan 21 – eine grosse Schulreform (Lehrmittel, Stundenplan, Ausbildung) mit hohen Kosten auslösen.
Und dann noch dies: Bis jetzt wurden in allen Kantonen Volksinitiativen gegen zwei Fremdsprachen und gegen den Lehrplan 21 abgelehnt. Für die AWG ist es nicht nötig, dass diese ängstliche Volksinitiative Luzern mit einem «gestrigen» Image belasten würde.

Tags: Parolen, Abstimmung

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